Unsere Geschichte
Die Marien-Apotheke im Herzen von Ellwangen kann auf eine mehr als 200jährige Geschichte zurückblicken und ist fest mit der Geschichte der Stadt Ellwangen verknüpft.
Das Gebäude in der Marienstraße 13
Bereits das Gebäude, das erst seit 1811 eine Apotheke beheimatet, blickt auf eine lange Geschichte zurück. Arnold Friedrich Prahl kaufte am 22. Februar 1737 das Gebäude vom „Goldenen Pflug“-Wirt Graile. Prahl baute das Haus von Grund auf um und richtete die Gaststätte „Zum Wilden Mann“ dort ein. Die Gaststätte wurde dann anschließend bis ins Jahr 1809 von Angehörigen der Familie Prahl betrieben.
Arnold Friedrich Prahl war jedoch nicht nur Gastwirt, sondern hat das heutige Stadtbild von Ellwangen entscheidend geprägt. Nachdem er bereits 1737 mit 28 Jahren vom Fürstprobst Franz Georg von Schönborn zum Stadt- und Landbaumeister ernannt wurde, arbeitete er maßgeblich an der Vision des Fürstprobsts mit, die Residenzstadt Ellwangen zu einem barocken Kunst- und Kulturzentrum auszubauen.
Gebäude wie das heutige Landgericht, das Rathaus, das Tagungshaus auf dem Schönenberg, das Haus Theodor Richter, das Brauereigebäude auf dem Schloss, die Dorfkirchen von Schwenningen, Schwabsberg, Heuchlingen und Nordhausen sowie die Umbauten der Kirchen von Jagstzell und Ellenberg sind in Zusammenarbeit mit Balthasar Neumann entstanden. Auch zahlreiche Straßen und Wege in der Gegend gehen auf sein Konto.
„Obere Apotheke“ versus „Untere Apotheke“
Nach der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die „Fürstliche Hofapotheke“ zur „Oberen Apotheke“ umbenannt. Grund war die Genehmigung zur Einrichtung einer weiteren Apotheke durch König Friedrich von Württemberg im Jahre 1811, denn bis dato war lediglich eine Apotheke in der Residenzstadt zulässig. So richtete also der Apotheker Johann Matthäus Petermann am 8. Juli 1811 in der Marienstraße 13 eine Apotheke ein, die aufgrund der Lage im Stadtgebiet als „Untere Apotheke“ bezeichnet wurde. Obwohl sich in Ellwangen zu dieser Zeit kein Hofstaat mehr befand, wurde die „Obere Apotheke“ vom Apotheker Riederer sofort nach seiner Übernahme wieder in „Hofapotheke“ umbenannt. Das hörte sich natürlich vornehmer an und sollte offenbar darüber hinwegtäuschen, dass Riederer keine Apothekerausbildung besaß. Matthäus Petermann beschwerte sich beim Königlichen Oberamt gegen diese Anmaßung. Offenbar mit Erfolg, denn in späteren Aufzeichnungen ist die Bezeichnung „Hofapotheke“ kaum mehr zu finden.
Der Name „Marien-Apotheke“
Der Namenswechsel von „Untere Apotheke“ zu „Marien-Apotheke“ vollzog sich erst im Jahre 1955 auf Wunsch der Witwe des Apothekers Otto Gayer. Grund war die Verschonung der Stadt Ellwangen vor einem Bombenangriff am Ende des 2. Weltkriegs im April 1945. Die Umbenennung sollte die Dankbarkeit gegenüber der Gottesmutter zeigen. Am 26. Mai 1945 wurde die „Lange Straße“, die im Dritten Reich „Adolf-Hitler-Straße hieß, in „Marienstraße“ umbenannt und es ist einleuchtend, dass diese Straße die „Marien-Apotheke“ beherbergt. Die vertraute Plastik „Maria mit dem Kinde“ vom Künstler Karl-Heinz Knödler (1926-2000) wurde im Advent des Jahres 1958 an der frisch renovierten Fassade angebracht.
Johann Baptist Rathgeb und eine schwierige Frage
Johann Baptiste Rathgeb war Gehilfe von Johann Matthäus Petermann. Dieser sollte später ein berühmter Apotheker und Botaniker werden. Nachdem er am 1. Oktober 1819 das Apotheker-Gehilfen-Examen ablegte, erlangte er am 7. Januar 1824 vor dem königlichen Medizinalkollegium in Stuttgart das Staatsexamen. Ende April bekam er eine Anstellung in der der Stuttgarter „Hofapotheke“ und wird Hofdiener. In dieser Zeit wird er vor eine schwierige Frage gestellt: Was ist wichtiger? Ein Menschen- oder ein Hengstleben?
Hintergrund dieser Frage war folgende Geschichte: Während Johann Baptist Rathgebs Zeit am Stuttgarter Hof, wurden dem Minister von Maucler einige Arzneimittel verordnet. Dem Minister ging es sehr schlecht und der Arzt notierte auf dem Rezept die Dringlichkeit. Rathgeb machte sich also sofort daran, die Arznei herzustellen. Da trat ein königlicher Stallknecht in die Apotheke ein und gab ihm ein ebenfalls dringliches Rezept vom Tierarzt für das württembergische Glanzpferd Sanspareil. Der Stallknecht ging nach der Übergabe des Rezepts erstmal gepflegt einen trinken. Kurz darauf kam ein zweiter Stallknecht und erkundigte sich nach dem Stand der Arzneien für den Hengst. Rathgeb bat um Geduld, da er noch mit den Arzneien für den Minister beschäftigt war. Der Tiermedizinalrat, dem die Sache entschieden zu lange dauerte, schickte daraufhin noch einen dritten Stallknecht zu Rathgeb mit einem Schreiben, das wilde Drohungen und Beschimpfungen enthielt. Rathgeb war darüber sehr entrüstet und fragte sich ernsthaft, ob denn nun Menschenleben oder Hengstleben? Er überlegte sogar, ob er diese Frage an seine königliche Majestät stellen soll oder nicht. Leider ist nicht bekannt, ob er es denn getan hat …
Der Araberhengst Sanspareil
Er war Renommierpferd Württembergs und der stolze Araberhengst stammte von einem preußischen Gestüt. Der Bruder Napoleons, Jérôme Bonaparte, ritt mit ihm nach Moskau. Während seines Aufenthaltes in Ellwangen im Jahre 1815/1816 machte er gerne Ausritte, die ihm jedoch nur in Begleitung der Schlosswache erlaubt waren. Als hervorragender Reiter gelang es ihm jedoch öfters die Schlosswache abzuhängen. Einmal hieß es, dass der König, also Jérôme als Ex-König von Westphalen, bei einem Spazierritt mit seinem Pferd davongeritten war. Als die Wachen dies bemerkten, versuchten sie ihn einzuholen, aber sie verloren ihn. Die ganze Stadt war in Aufregung. Zur Überraschung aller, kam der Ex-König Jérôme dann abends ganz gemütlich auf der Straße von Aalen durch das Steintor der Lange Straße (heute Marienstraße) hereingeritten und erklärte, dass er nur mal eben einen kleinen Abstecher zur einer Grillparty nach Ludwigsburg gemacht hätte.
Nach dem Sturz seines Bruders Napoleon verarmte Jérôme und verkaufte schweren Herzens seinen Araberhengst an Wilhelm, den Bruder seiner Frau Katharina, der später König wurde. Sanspareil wurde dann in das Haupt- und Landesgestüt Marbach gebracht. Er hinterließ 99 Nachkommen, die wie er der damaligen Vorstellungen eines idealen Reitpferds entsprachen: er war schnell, wendig und widerstandsfähig.
Ruth Frankemöller und die Gegenwart
Und so schließt sich der Kreis, denn die jetzige Inhaberin der Marien-Apotheke Ruth Frankemöller ist selbst begeisterte Reiterin und Pferdebesitzerin. Ihr Vater Richard Kamm übergab ihr die Marien-Apotheke am 1. Januar 2001. Er selbst wurde als Kind des Apothekers Rudolf Kamm am 1. Mai 1933 in Hagen/Westphalen geboren. Mit zwölf Jahren kam er zusammen mit seiner Familie zu seiner Tante nach Stuttgart. Im Jahr 1950 landete er schließlich in Ellwangen, wo er zum ersten Mal ein Heimatgefühl verspürte. Nach dem erforderlichen Praktikum in der elterlichen Apotheke und in Neuenstadt, begann er das Studium in Tübingen mit weiterer Station in Würzburg. Gleich nach dem Examen heiratete er Kunigunde, die er während seines Studiums in Würzburg kennengelernt hatte und die beiden bekamen drei Kinder zusammen.